Gütersloh Bernhard Paul steht entspannt an der Bar. Um ihn herum tobt das Publikum. Die Zuschauer feiern die Leistungen der Artisten in der Manege mit begeistertem Applaus. Locker lässt der Chef und geistige Urheber des Circus Roncalli die Premiere der neuen Show „Salto Vitale" am Donnerstag auf dem Gütersloher Marktplatz auf sich wirken. Das Duo Romance begeisterte mit seiner ausgefeilten Darbietung Bild: Dünhölter
Der Zirkus-Impressario und sein Helferteam haben wieder ganze Arbeit geleistet. Mit mehrminütigen Begeisterungsstürmen und stehenden Ovationen quittieren die 1500 Besucher in den nahezu voll besetzten Zuschauer-Reihen die fast dreistündige Demonstration außergewöhnlicher Zirkus-Künste. Gütersloh steht Kopf, und verantwortlich dafür ist der unauffällig wirkende ältere Herr an der Theke, der im Trubel fast ein wenig untergeht, die Premierenvorstellungen aber schon vorher aus allen möglichen Perspektiven in Augenschein genommen hat – ein perfektionistischer Chef eben.

Aufregend und außergewöhnlich
Seit fast 40 Jahren kennt der heute 67-Jährige nur ein Ziel: sein Publikum so zu unterhalten, wie es die Urväter des Zirkus' schon vor 200 Jahren taten. Aufregend, authentisch und außergewöhnlich. Die stimmige Mischung aus Nervenkitzel, Grazie, Anmut, Poesie, Emotionen, Erotik, Lachen, wagemutigen Artisten, brüllend witzigen Clowns und ungewöhnlichen Darbietungen verfehlt auch beim neuen Programm seine Wirkung nicht. Als Entdeckung des Abends darf dabei der virtuose Musik-Clown und Flötenmann Gabor Vosteen gelten. Vor seinem Manegen-Debüt war der 34-Jährige Delmenhorster, der gleichzeitig fünf Flöten spielen kann und so wunderbar herrlich ohne Worte mit dem Publikum kommuniziert, spürbar nervös. Als der erste Applaus auf ihn einprasselt, ist das Lampenfieber aber wie weggeblasen.

Best off Roncalli
Auch sonst erfüllt das angekündigte „Best off der Roncalli-Allstars", die Höhepunkte aus 40 Jahren Zirkus-Geschichte, jede Erwartung. Streng genommen fällt keine Darbietung ab. Jede ist ein Höhepunkt für sich. Und egal ob Clownerei mit den Pantomimen von „Les Freres", die unterhaltsamen, aber tiefgründigen Scherze des jonglierenden Clowns Sergej Maslennikov, die wagemutigen Flugkünste des „Trio Csaszar" am Schleuderbrett, die akrobatische Liebesgeschichte des Duo Romance am Schwingseil, der skurril anmutende Andrej Ivakhnenko im Kostüm eines roten Igels auf dem Schleppseil, die vor Lebensfreude sprühende Lettin Romina Micheletty mit ihrer Hula-Hoop-Reifen-Schau: Wo Roncalli drauf steht, ist auch Roncalli drin. Nach fast drei Stunden verlassen die Gütersloher das Zirkuszelt nicht nur sichtlich gut unterhalten, sondern auch mit dem Wissen, bei der Geburtsstunde einer richtungsweisenden neuen Show dabei gewesen zu sein.

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