Christel Sembach-Krone, Münchens letzte Prinzipalin und Chefin vom größten Zirkus Europas ist im Alter von 80 Jahren gestorben - ihre Nachfolge im Circus Krone hatte sie längst geregelt.
Mehr als zwei Jahrzehnte lang lenkte Christel Sembach-Krone die Geschicke von Europas größtem Zirkus. Am Dienstag ist sie im Alter von 80 Jahren gestorben. Wie der Zirkus mitteilt, erlag sie in München einer kurzen, schweren Krankheit.
Bereits im Alter von zehn Jahren hatte Christel Sembach-Krone ihr Manegendebüt gegeben; damals saß sie auf einem Pferd mit dem Namen "Lockvogel". "Es hat nicht einen Moment in meiner Kindheit gegeben, in dem ich daran gezweifelt hätte, Zirkus zu machen", sagte sie in einem Interview. Bis ins hohe Alter war sie im Zirkus aktiv. Obwohl sie sich schon vor etwas mehr als zehn Jahren aus der Manege zurückzog, hielt Sembach-Krone hinter den Kulissen die Zügel des Zirkus’ fest in der Hand.
Sie entwickelte Tourneepläne, wählte Artisten aus, saß in der Generalprobe der neuen Programme, kümmerte sich um die Tiere. Aus allen Kontinenten holte sie die Artisten zusammen. Ihr Ziel war ein harmonischer Dreiklang aus Tierdressuren, Artistik und Clownerie: "Die Mischung muss stimmen", war ihr Credo.
"Meine Pferde sind meine Kinder"
Die Vierbeiner waren ihr stets am liebsten. "Meine Pferde sind meine Kinder", sagte sie immer. Viele dieser edlen Tiere, schneeweiße Araberhengste, pechschwarze Friesen und goldfarbene Palominos hat sie selbst dressiert.
Von 1956 bis 2006 stand sie als ihre Lehrmeisterin in der Manege, für ihre anspruchsvollen Pferdeshows war sie international weit über die Artistenkreise hinaus bekannt. Für die cineastisch anmutenden Aufführungen holte sie sich den US-Choreographen Gene Reed aufs Marsfeld.n Ihren letzten großen Geburtstag, den 80., feierte sie im vergangenen November natürlich dort, mit den Pferden in der Manege. Ans Aufhören dachte sie damals nicht. Auf die Frage, ob Direktorin Sembach-Krone die Verantwortung für den Zirkus nicht bald abgeben wolle, antwortete Sprecherin Susanne Matzenau deutlich: "Zirkus ist ihr Leben. Die Frage stellt sich nicht."
Sembach-Krones Großvater Carl Krone hat einst den Weltruhm des Circus Krone begründet. Vor mehr als 100 Jahren zeigte er den Menschen eine neue Sensation: Der Löwe Pascha thronte stolz und friedlich auf dem Rücken eines Pferdes – eine Revolution im deutschen Zirkus. Carl Krone wollte Tiere nicht mehr nur zeigen, sondern dressieren.
Gesundheitliche Rückschläge waren kein Hindernis
Inzwischen gibt es den Zirkus seit 112 Jahren, seit 99 Jahren mit festem Haus auf dem Marsfeld in der Maxvorstadt. Was die Pferdedressur anbelangt hatte Christel Sembach-Krone ihre Nachfolge zeitig geregelt. Im Jahr 2007 übernahm ihre Adoptivtochter, die Schweizer Tierlehrerein Jana Mandana Lacey-Krone, die Reitgerte, denn die Patronin war zeitlebens unverheiratet und kinderlos geblieben. Lacey-Krone wird demnach ihre Nachfolge in fünfter Generation antreten.Selbst nach gesundheitlichen Rückschlägen arbeitete sie weiter hart für ihren Zirkus. Davon ließ sich Sembach-Krone auch nicht abbringen, als sie aufgrund eines Hüftleidens nur noch schwer gehen konnte. Ihre Mitarbeiten bauten der Chefin einen Golfwagen um, mit dem sie fortan auf dem Zirkus-Gelände herumkutschieren konnte.
Auszeichnungen für ihre Verdienste
Für ihre Verdienste für die Stadt München erhielt sie Mitte der 90er die Medaille "München leuchtet". Im Jahr 1998 verlieh ihr der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber den "Bayerischen Verdienstorden". Ein Jahr später erhielt sie für ihren Einsatz für ihr Engagement sowie das Lebenswerk in Berlin das "Große Bundesverdienstkreuz".
Trotz der wachsenden Kritik durch Tierschützer hielt sie bis zuletzt an ihren traditionsreichen Tier-Dressuren fest. "Ein Zirkus ohne Tiere ist kein Zirkus", hat sie vor ein paar Jahren in einem Interview mal gesagt, "sondern bloß eine Revue." Auch als Sembach-Krone zu Beginn der Jahrtausendwende von der Tierrechtsorganisation Peta wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz verklagt wurde, ließ sie sich nicht unterkriegen. Sie legte Einspruch ein - und klagte selbst. An den Besucherzahlen merkte der Circus Krone das ohnehin nicht. Mehr als eineinhalb Millionen Menschen besuchen die Shows pro Jahr – dazu kommen 450 000 Besucher bei den Vorstellungen im Stammhaus im Winter.